Heute ist Philipp Hildebrand von seinem Amt als Präsident der SNB demissioniert. Es ist unbestritten, dass ihm bei seinen und den Devisengeschäften seiner Frau das notwendige Fingerspitzen gefehlt hat. Ob dies nun letztlich Grund genug für einen Rücktritt ist, erscheint fragwürdig. Ich vertrete die Ansicht, dass dieser Mangel an Feingefühl gerügt werden muss, weitere Massnahmen aber nicht erforderlich gewesen wären.
Dramatischer beurteile ich die Rolle von einzelnen Medien und politischen Exponenten. Bis heute habe ich NR Blocher aus dieser Kritik ausgenommen, da er die im zugespielten Informationen an die korrekten Stellen weitergegeben hat. Dass er nun den Rücktritt von Hildebrand mit einer Medienkonferenz kurz nach derjenigen von Hildebrand nun doch versucht die Sache für seien Partei auszuschlachten ist ‚degoutant‘ aber letztlich bezeichnend.
Der Fall von Hildebrand ist jedoch leider nur ein weiterer in der Reihe von ähnlichen in der jüngeren Vergangenheit, auch wenn diese auf anderer Ebene stattfanden: in Bonstetten und in Spreitenbach ist jeweils der Gemeindepräsident nach Drohungen und Belästigungen von Personen aus der Anonymität zurückgetreten. Während im Fall Bonstetten der Entscheid der Sozialbehörde zu einem tragischen Resultat geführt haben und es noch nicht juristisch abschliessend geklärt ist, ob Fehler gemacht wurden kann im Fall Spreitenbach noch nicht einmal ein rechtlich relevanter Fehler angeführt werden.
Im aktuellen Fall Hildebrand war bisher noch nicht von Drohungen gegenüber der Familie Hildebrand die Rede, es würde mich aber nicht erstaunen wenn solche noch publik würden – ja, ich rechne eigentlich damit.
Worauf will ich aber hinaus?
Diese Fälle sind für mich bezeichnend für den fehlenden Anstand und die absolute Rücksichtslosigkeit mit welcher gegen öffentliche Amtsträger vorgegangen wird und dies in erster Linie von Exponenten der SVP und der rechten Presse. Um nicht Gefahr zu laufen im Konkurrenzkampf Terrain einzubüssen, kann aber auch anderen Medienerzeugnissen diesbezüglich kein gutes Notenblatt ausgestellt werden. Im Windschatten dieser Akteure fühlen sich Leute authorisiert aus der Anonymität heraus Selbstjustiz in der Form von Schmähungen und Drohungen an die angegriffene Person zu betreiben.
Wem ist dieses Verschwinden von ehemals akzeptierten gesellschaftlichen Tabus zu verdanken: es sind die gleichen Protagonisten, die sich heute als Sieger fühlen: Blocher und sein SVP Helfer und der Handlanger Köppel. Über Jahre haben diese eine absolute agressive und intolerante Rhetorik gepflegt und damit immer auf Personen gezielt statt auf die Sache. Dies muss mit der Zeit dazu führen, dass ein weiter Kreis von Leuten diese Art der Kommunikation im öffentlichen Diskurs als normal betrachten und andere sich legitimiert fühlen im Versteckten sogar noch darüber hinaus zu gehen.
Im Endeffekt hat die SVP mit ihrer, im oben beschriebenen Ton geübten, Dauerkritik an der Amtsführung Hildebrand die Basis gelegt, auf die sich der ‚IT-Supporter‘ bei der Bank Sarasin wohl berufen hat um seinen Bankkundengeheimnis-Verrat zu rechtfertigen.
Fazit
Wie ich bereits getwittert habe: Wenn dieser Tendenz des mangelnden Respekts nicht entgegengetreten werden kann und Amtsträgern absolut keine Fehlertoleranz eingeräumt wird, dann wir sich über kurz oder lang auch die letzten Optimisten zurücknehmen, wenn es darum geht sich in einem öffentlichen Amt zu exponieren.
Ob dies der längerfristigen Entwicklung der Schweiz dienlich ist muss bezweifelt werden. Die Schweiz muss wieder zu einem Diskussionskultur zurückfinden, in der die Sache und nicht die Personen im MIttelpunkt stehen und dazu müssen vor allem auch die Medien beitragen.
- Exit Hildebrand (economist.com)